Die "dings äh" Radlertour 2016

 

Nach dem Gardasee 2014 und Kroatien 2015 stand 2016 das Südtiroler Dolomitengebiet auf dem Radler-Programm. Als das Zielgebiet gefunden war, wurden Internet und Fachliteratur intensiv ausgewertet. In mehreren Vorbesprechungen bereiteten wir uns gründlich vor, was sich später auszahlen sollte. Der Verladetag war Freitag, der 29.07. Die vermeintlich bestgeplante Tour begann trotzdem leider nicht ganz optimal. Die beiden Radler-Chefs Erwin und Mane holten den Bus von der Verleih-Firma ab. Wegen eines Staus lotste Erwin Mane auf Schleichwegen von Plattling Richtung Lalling. Da Erwin diese Geheimwege selbst schon seit seiner Jugend nicht mehr gefahren war, verzögerte sich die Ankunft trotzdem erheblich. Erwin ließ die bei den Radlern in solchen Fällen üblichen Frotzeleien aber unbeeindruckt an sich abprallen. 

Horst und Helmut nutzten die Zusammenkunft um leckere Schnitzel und Getränke zum Einstand auszugeben.  Auch Maxi Hüttinger war nach einem Jahr Pause wieder mit dabei. 

Mane versuchte nach der Ankunft den Bus samt Anhänger  rückwärts in das Sportgelände zu manövrieren. Positiv war zu vermelden, dass weder Sachwerte beschädigt noch Personen durch seine Fahrversuche verletzt wurden! 

Eine Neuerung war auch Edis Investition in eine Helmkamera, die er mitführen wollte. 

Nachdem die Räder sicher verladen waren erlaubte sich Horst einen kleinen Scherz und änderte den Namen der Radler whatsapp-Gruppe von Gipfelstürmer in Gipfelwürmer. Dieser neue Begriff gab uns während der Fahrten oft Anlass zur Belustigung.

Samstag, 30.07. 

Die Anreise nach Bad Tölz bewältigte Wurm 1 zu aller Zufriedenheit, auch wenn er uns teilweise auf sehr abgelegenen Nebenstraßen herum kutschierte. Ach ja auf keinen Fall soll unterschlagen werden, dass wir eine Ehrenrunde über Metten drehten, bevor es auf die A 92 Richtung München ging. Leider begrüßte uns Bad Tölz mit einem Straffzettel über 10 Euro wegen eines kleinen Parkverstoßes. 

Wie üblich sollte unser Radausflug mit einer kräftigen Brotzeit beginnen. Das ausgewählte Lokal wollte uns aber nur in seinem Biergarten versorgen, wenn wir auf die Bedienung verzichteten und uns das Essen  am Gasthausfenster überreichen ließen. Wir fanden ein besser geeignetes Lokal. 

Da die Gruppe bei der Abfahrt mit den Rädern etwas unaufmerksam war konnte ich sie überrumpeln und zwei Tölzer Sehenswürdigkeiten in die Fahrstrecke einbauen. Eine Brunnenfigur mit heruntergelassener Hose und den Tölzer Kalvarienberg. 

Kurz vor Lenggries sahen wir neben dem Radweg einige Esel. Waller meinte daraus könnte man feine Rosswürste machen! Der gut gelaunte Waller beschrieb einen weiteren Streckenabschnitt: "Da fahren wir obe u dann hama unt." Auf guten Radwegen ging es so zum Sylvensteinstausee, dort war die erste Steigung zu bezwingen. Auch über den Sylvensteinstausee konnte der Kulturbeauftragte einige wissenswerte Details an den Radler bringen. In der beeindruckenden Hochgebirgswelt überschritten wir die Grenze zu Österreich. Für den ersten Aufreger sorgte Erwin, denn er bekam eine Biene in den Mund, die ihn in den Gaumen stach! Doch Erwin blieb ganz ruhig, kühlte mit Wasser und setzte die Fahrt ohne Jammern fort. Bald erreichten wir den wunderschön gelegenen Achensee, der uns zum Baden einlud. Als Hans einige Meter im Wasser war erlaubte sich Mani einen Scherz, oder war es ernst gemeint? Mani rief für uns und alle anderen Badegäste gut vernehmlich: „Hansi die Mama hat gesagt du sollst ohne Schwimmflügerl nicht so weit rausgehen!“ Mani hatte die Lacher auf seiner Seite und Hans kam artig aus dem Wasser. Nun war wieder Pechvogel Erwin an der Reihe. Er trat sich einen messerscharfen Stein in die Fußsohle, der für einen ordentlichen Schnitt sorgte. Doch Erwin pflegte auch diese Wunde fachmännisch und schwang sich wieder auf sein Rad. 

Edi und Horst überführten das Fahrzeug von Bad Tölz nach Wiesing und mussten einen extremen Anstieg zum Achensee hinauf überwinden. 400 Höhenmeter quälten sie sich bei hochsommerlichen Temperaturen bergan, um gemeinsam mit dem Rest der Truppe die Tagesfahrt zu beenden. 

Ein besonderes Schauspiel bietet auch die Achentalbahn wenn sie sich von Jenbach zum Achensee hinauf kämpft. Original Zahnrad-Dampflokomotiven aus dem Jahr 1889 schieben mit lautem Getöse und dunklem Rauch zwei Personenwagen den steilen Anstieg nach oben. 

Geführt von Edi und Horst mussten wir nun vom See nach Wiesing hinunter. Ein steiles Gefälle mit losem Schotter wurde von den Radlern umsichtig gemeistert. 

Die erste Unterkunft war das Garni Waldrand in Wiesing. Unsere beiden Ferienwohnungen waren vom Feinsten. Auch der Badeteich war bald in Radler Hand. Leider entsprach die Versorgung mit gekühlten Getränken nicht dem Radler Standard. Zwei Bier sind eindeutig zu wenig!
Als ich mich bei der Wirtin als die Kontaktperson der Radler vorstellen wollte sagte sie: „Du hast uns also die neun wahnsinnigen Radfahrer ins Haus gebracht?“ Ich war etwas irritiert, ob wir bereits negativ aufgefallen waren, aber es war wohl nur ihr besonderer Humor. Diesen Humor bewies unsere Gastgeberin auch gegenüber Horst, als sie ihn fragte, ob er ihr nicht helfen könnte die defekte Markise zu reparieren. Horst antwortet schlagfertig mit einer Gegenfrage: "Haben Sie noch kaltes Bier?" So machen das die Radler!
 

Zum Abendessen gingen wir in eine nahe gelegene Pizzeria. Zunächst wurden wir durch die Bedienung darauf hingewiesen, dass es Probleme bei den Pizzen gibt und diese mindestens eine Stunde dauerten, bis sie serviert werden könnten. Zu unserem Erstaunen bekamen die Radler, die Pizza bestellt hatten diese bereits nach wenigen Minuten. Kurz darauf wurden wir gewarnt, dass das Helle Bier aus sei und die nächste Bestellung ebenfalls dauern würde. Auch hier kam das Helle vor allen anderen Getränken! 

Unsere Befürchtung in eine „Verstehen Sie Spaß-Sendung“ geraten zu sein bestätigte sich nicht. 

Eine Besonderheit am Rande: Für die Anfahrt auf dem Radler Anhänger werden die Lenker der Räder immer längs gestellt, damit die Räder besser auf den Hänger passen. In Bad Tölz wurden die Lenker wieder in Fahrposition gestellt und fixiert. Horst merkte noch in Bad Tölz, dass die Lenkgabel dabei falsch, also nach hinten  stand.  Maxi dagegen fuhr den ganzen ersten Tag mit falsch festgeschraubter Vordergabel – ging aber auch problemlos. 

Erwin steckte seinen Akku über Nacht im Radkeller an. Unsere clevere Gastgeberin sah, dass die benutzte Steckdose über Nacht immer abgestellt wird und brachte den Akku an einer funktionierenden Dose an. Erwin war ihr für den vollen Akku sehr dankbar! 

Ab 03.30 Uhr bewegte sich Horst in unserer Ferienwohnung und bereitete die morgendliche Abfahrt vor. Bettpartner Helmut ließ ihn nicht mehr schlafen, denn er schnarchte laut und ausdauernd. Horst nutzte die Zeit um seine Unterlagen und Kleidung in Ordnung zu bringen und schaute sich das Freundschaftsspiel zwischen FC Liverpool und AC Mailand im Sportfernsehen an.

Sonntag, 31.07. 

Bei bedecktem Wetter begann der zweite Tag unserer Radtour. Nach einem Frühstück, das keine Wünsche offen ließ, schwangen wir uns erwartungsfroh auf unsere fahrbaren Untersätze. Diesmal schien das ansonsten eher ungeliebte Kulturprogramm besser anzukommen, denn bereitwillig wurde die eindrucksvolle Altstadt und Kirche von Schwaz besichtigt. 

Wenige Kilometer weiter am Inn entlang, begann es zu regnen und wir entschlossen uns zur Einkehr. Im sehr gastfreundlichen Schlosshotel Mitterhart in Vomp (erbaut 1520) bot man uns bayerische Weißwürste und Weißbier an, was wir gerne annahmen. Als der Regen nicht enden wollte begann Erwins Problemlösungsgehirn zu arbeiten und gebar einen innovativen Vorschlag: Müllsäcke, große blaue Müllsäcke waren die Lösung. Wir sollten Öffnungen für Kopf und Arme hineinschneiden und könnten dann, geschützt vor Wind und Regen unsere Fahrt fortsetzen! Leider erzeugte die Vorstellung in Müllsäcken zu fahren zu lustige Bilder in unseren Köpfen, so dass wir sie nicht realisierten. Unserem Tour-Neuling Horst viel auf, dass die Radler sehr häufig „ding“ sagen, wenn ihnen der richtige Begriff nicht einfällt. Horst begann nun für jedes Mal, wenn die Worthülse „ding“ verwendet wurde einen imaginären Strich zu machen. Wir konnten schmunzeln und der Ertappte ärgerte sich. Durch diese und ähnliche Ideen konnten wir das Ende des Regens gut gelaunt erwarten und trafen auch gleich auf das Transportkommando Edi und Helmut. Diese hatten wohlüberlegt auch Regenschutz mitgebracht. 

Da das bisherige Kulturangebot auf dankbaren Boden fiel suchten wir auch eine der größten und besterhaltenen historischen Stadtkerne Österreichs auf. Doch in Hall wurde die Besichtigung weiterer Gotteshäuser mit dem Argument abgelehnt: "Eine Kirche am Tag reicht." Nach einem diesmal nicht so überzeugenden Mittagstisch lag der Anstieg Richtung Matrei am Brenner vor uns. Bei wieder stärker werdendem Regen und empfindlich kaltem Wind hatten wir ca. 400 Höhenmeter zu überwinden. Auf der „alten Römerstraße“ ging es durch das Wipptal hinauf. Es ging vorbei an den ehemaligen Wettkampfstätten der XII. Olympischen Winterspiele 1976, oberhalb von Innsbruck. Giftige Anstiege wechselten sich mit kurvigen Abfahrten ab. Erwin hätte eigentlich den Akku für sein E-Bike wieder laden müssen, doch wir waren alle durchnässt und wollten ins Hotel. So kämpfte er sich ohne Motorunterstützung nach Matrei. Bei Dauerregen erreichen wir unsere Unterkunft dort, den Gasthof Lamm. Aufgrund der Schnarchproblematik der vorangegangenen Nacht wurden die Zimmerbelegungen neu zusammengesetzt. Diese kluge Maßnahme zeigte Erfolg. In dem, im Stil der KuK-Zeit eingerichteten Gasthof, bekamen wir ein zwar nicht ganz billiges, aber sehr gutes Abendessen. 

Insgesamt hatten wir an diesem Tag 58 km zurückgelegt und 600 hm überwunden.


Montag, 01.08.

Nach einer erholsamen Nacht ging der erste Blick aus dem Fenster wie das Wetter war. Ein zwar bedeckter Himmel aber ohne Regen wartete auf uns. Der Restanstieg von Matrei zum Brenner mit ca.  400 hm lag zunächst vor uns - doch laut Walter eine "easy-Tour". Als alles in unserem Begleitfahrzeug verstaut war, schauten wir zurück auf den Gasthof Lamm  und freuten uns auf einen neuen Tag mit vielen Erlebnissen. Angeführt von Mane ging es relativ gleichmäßig und angenehm auf der wenig befahrenen Römerstraße bergauf. Wie fast immer machte Edi den Schließenden, damit kein Nachzügler alleine fahren musste. Häufig hatten wir einen Blick auf die Brennerautobahn. Viele im Stau stehende Autofahrer hätten sicher gerne mit uns getauscht. Die letzten beiden Kilometer vor unserem Ziel wurden dann doch noch anstrengend. Die Steigungsprozente nahmen zu und trotz der kühlen Temperaturen wurde uns warm. Auch wenn wir in den zurückliegenden Jahren schon einige Ländergrenzen überschritten hatten, so waren wir doch stolz, nun Italien vor uns zu haben.

Ein einzelner Radfahrer, der mit dem Zug auf den Pass gefahren und dessen Ziel Venedig war, sprach uns an: "Wart ihr das, die da herauf getreten sind? Hab euch gesehen – Respekt!"
Mir ging durch den Kopf, ob ich als Einzelkämpfer so eine lange Strecke fahren möchte? Das Ergebnis für mich ist nein! Die Vorteile einer Gruppe überwiegen bei weitem und „der Mensch ist nun mal nicht gern alleine“ so eine Liedzeile, die hier vollkommen zutrifft.
 

Nach dem an den Ländergrenzen üblichen Fotoshooting ging es hinab ins Südtiroler Land. Mit einem perfekten Radweg begann eine kilometerlange Abfahrt. Leider ließ das mediterrane Klima noch auf sich warten. Auch auf der Alpensüdseite wehte eine frische Brise. Eine

Stunde waren wir unterwegs, als wir eine größere Ortschaft erreichten. Wir alle waren im Glauben, dass dies bereits Sterzing sei und suchten nach einem Cafe, dessen Cappuccino wir laut Reiseführer unbedingt probieren sollten. Erst nach mehreren Runden durch die Ortschaft stellte sich heraus, dass es sich um Gossensass handelte. Aber die Radler sind da locker, denn wie wir später feststellten war das wunderschöne Städtchen Sterzing total von Touristen überfüllt! Es liegt auf 948 m, das Wahrzeichen dieser malerischen, mittelalterlichen Stadt ist der 46 m hohe Zwölferturm. Und wieder hatten wir alles richtig gemacht – toll!
Nach einem ordentlichen Mittagessen lag nun die Festungsanlage Franzensfeste vor uns. Leider waren wir so knapp in der Zeit, dass die Besichtigung entfallen musste. Der Beauftragte wies auf ein erhebliches Kulturdefizit hin, das dadurch entstehen könnte. Das sah der Rest der Radler-Würmer anders. Die riesige Festungsanlage wurde 1832 für eine Besatzung von 1000 Mann und 90 Kanonen erbaut. Gut ist, dass sie nie benutzt wurde.
Im weiteren Verlauf wurde das Wetter besser und in der Ortschaft Mühlbach lud uns ein Cafe mit freundlichem Besitzer und südländischem Flair zu einer Rast ein.
 
Leckerer Cappuccino und Bananenkuchen hatte es vielen von uns angetan. Edi entdeckte in der daneben liegenden Kirche, dass dort die Urgroßmutter von Papst Benedikt XVI geheiratet hatte und seine Großmutter getauft worden war. Bei der Abfahrt wurde Horst zu einem unfreiwilligen Salto mit dem Rad über einen Straßenabsatz gezwungen. Ein Autofahrer hatte ihn behindert. Ein paar blaue Flecken, die einem echten Sechziger aber nichts ausmachten, trug Horst davon. Für eine gute halbe Stunde war der ansonsten redselige Neuradler nicht ganz
so ansprechbar wie sonst.
Unser Weg durch das Pustertal führte an der Burgruine Mühlbacher Klause aus dem Jahr 1269 vorbei. 

Kurz vor unserem Ziel, St. Lorenzen, trafen wir  zum vierten Mal an diesem Tag zwei Radlerinnen aus dem Osten Deutschlands und sprachen kurz mit ihnen. 

Unsere Führungscrew an diesem Tag waren Erwin und Waller. Aus einem unerfindlichen Grund wollten sie uns kurz vor dem Ort noch einen Heldenfriedhof zeigen, von dem bis dahin nie die Rede war. Die Frage, ob sie sich verfahren hätten wiesen sie brüskiert zurück: „Wenn ihr den Friedhof nicht sehen wollt, dann drehen wir halt um und fahren ins Hotel“. 

Im Hotel musste dann die Zimmerbelegung wieder geändert werden, weil wir Dreibettzimmer hatten. Ich durfte zu den als „Lautschläfern“ verrufenen Erwin und Waller. Für mich war es eine Auszeichnung, mit diesen Radler-Größen das Zimmer zu teilen. Zum Spaß sagte ich: „Vielleicht sehe ich ja morgen früh den Heldenfriedhof noch!“ 

Es wurde eine absolut ruhige und harmonische Nacht.

Das Abendessen nahmen wir in unserem Hotel Sonne ein. Es war gutbürgerlich und recht umfangreich, was wir nach fast 100 km und ca. 1000 hm auch gut gebrauchen konnten. 

Danach saßen wir vor dem Lokal beisammen und spielten das von Helmut eingeführte Akinator. Das Erraten von prominenten Personen hatte uns bereits letztes Jahr in seinen Bann gezogen. 

 

 Dienstag, 02.08.

Die Fahrt in Richtung Cortina D'Ampezzo begann bei gutem Wetter, doch mit jedem Kilometer wurde es kühler. Die Wettervorhersagen unserer Smartphones ließen ebenfalls nichts Gutes erwarten. Zum Glück ging die Gruppe nicht auf meinen Vorschlag ein, die Strecke schnell zurückzulegen, um vor dem vermeintlichen Regen am Ziel zu sein. Wie sich später herausstellen sollte, lag noch ein toller Sonnentag vor uns. Zunächst konnten wir unserem Kulturprogramm die Besichtigung des Schlosses Welsperg aus dem Jahr 1126 hinzufügen. Dieses Schloss ist das älteste des Hochpustertales! Die Radler waren beeindruckt, nur Erwin bemerkte über den langen Anstieg zu der historischen Stätte: „Das hat mich jetzt einen Strich meiner Akkuladung gekostet!“ 
Ab Toblach (1256 m) wurde das Wetter warm und angenehmer. Der Ort wird als das Tor zu den Dolomiten bezeichnet. Das können wir nur bestätigen, denn die herrliche Landschaft der Dolomiten eröffnete sich vor uns. Das Gemeindegebiet von Toblach erstreckt sich von 1156 m bis auf 3145 m Seehöhe!
 

Am Toblacher See genossen wir ein schmackhaftes Mittagessen bei gehobenen Preisen. Aber Landschaft, Wetter und Radler-Gemeinschaft waren das mehr als wert. 

Weiter ging es auf der stillgelegten Bahntrasse in Richtung Cortina D`Ampezzo. Zwischen den Dolomitengipfeln Dürrenstein (2842 m) rechts und Birkenkofel (2922 m) links von uns zog sich der Schotterweg langsam ansteigend durch die Wälder. Die Naturschönheiten um uns ließen Helmut unvorsichtig werden. Auf dem ausgefahrenen Weg verlor er das Gleichgewicht, kippte auf dem Rad nach vorne und konnte einen Sturz nur knapp vermeiden. Edis Helmkamera bewährte sich und wir können ein Filmdokument über den beinahe Sturz vorlegen. 

Als wir den Gemärkpass (ital. Passo de Cimabanche) erreichten wurde es Zeit für eine Pause. Der Pass stellt auch die Grenze zwischen den italienischen Provinzen Südtirol und Venetien (Cortina) dar. Nach dem Pass folgte eine lange Abfahrt. Dabei passierten wir kaum beleuchtete Tunnel, baufällige Brücken und verlassene Bahnhofsgebäude mitten im Wald. Unser Tagesziel Cortina D`Ampezzo empfing uns mit einer traumhaften Bergkulisse. Der Ortskern (6000 Einwohner) erschien uns jedoch ungepflegt und heruntergekommen. Ganz anders unser Hotel, es war gepflegt und man behandelte uns zuvorkommend. Mit 55 Euro war es auch das mit Abstand Teuerste! Kaltes Bier zu akzeptablen Preisen war kein Problem. Am Fuße des Tofana di Mezzo (3244 m) saßen wir bei nun wieder strahlendem Sonnenschein  und ließen den Tag ausklingen.

 

Mittwoch, 03.08. 

Bei herrlichem Wetter galt es heute fast 1.700 Höhenmeter zu bewältigen! Nach einem wieder alles beinhaltenden Frühstück ging es über die Ortschaft Pocol hinauf auf den ersten Pass. Der Passo Falzarego lag 900 hm über Cortina. Wir mussten die 52 Serpentinen auf der einzigen Straße mitten unter PKW, LKW und Bussen zurücklegen. Besondere Vorsicht und Rücksichtnahme war wie immer selbstverständlich. Mane und Maxi war unser Tempo bald zu langsam und sie verschwanden  aus unserem Blickfeld. Maxi fühlte sich unter uns Alten allem Anschein nach sehr wohl und hatte sich in die Radler-Gruppe problemlos integriert. Walter machte den ganzen Anstieg die „Lokomotive“ und zog uns nach oben. Edi sicherte wieder das Ende unserer kleinen Kolonne ab. So organisiert kletterten wir Meter um Meter nach oben und legten die notwendigen Pausen ein. Wie bereits die vorhergehenden Tage wurden alle Anstrengungen durch die landschaftlichen Schönheiten ausgeglichen. Am Pass angekommen gönnten wir uns einen Schluck Gipfelschnaps in Form von Duschl Max´s  Blutwurz. Besonders auffallend in der Bergwelt um uns herum war der Gletscher des Punta Penia (Marmolada) mit 3343 m. 

Die aufgenommenen Bilder sagen mehr als alle Worte. 

Vor der ca. 15 km langen Abfahrt organisierten wir uns wieder, in dem wir Reihenfolge, Kleidung und Verhaltensregeln kurz besprachen. Dann ging es überlegt und kontrolliert 500 Höhenmeter hinunter. Kurz vor der Ortschaft Arabba trafen wir auf Horst und Helmut und gönnten uns ein leckeres Mittagessen, bei dem wir von zwei ca. 10 Jahre alten Geschwistern perfekt bedient wurden. 

Ab Arabba lag zur Abwechslung nun ein fünf km langer Anstieg (300 hm) hinauf auf den Passo Campolongo vor uns. Dieser steilere Anstieg im Vergleich zum Falzarego war für mich anstrengender, obwohl wesentlich weniger hm zu überwinden waren. Doch Zugmaschine Waller vorne weg und Edi am Ende kämpften wir uns auch diesen Pass hinauf. Da noch etwas Blutwurz da war gab es oben auch eine Belohnung. 

 

Nun ging es 400 hm wieder hinunter nach Corvara. Der 1.300 Einwohner Ort liegt am Fuße des Sassongher Felsmassives (2665 m). Wir

mussten noch ca. acht km weiter nach Alta Badia. Diese Strecke war sehr gefährlich, denn wir nahmen die stark befahrene Hauptstraße. Einige LKW-Fahrer scheinen  nicht viel übrig zu haben für Radfahrer. Es wurde einige Male verdammt eng. Doch wie immer wurden wir für unsere Strapazen entschädigt: Schönes Wetter, gute Unterkunft und eine sehr nette Gastgeberin warteten in Alta Badia auf uns! 

Horst und Helmut mussten leider zugeben, dass sie für keinen optimalen ersten Eindruck in Alta Badia gesorgt hatten. Waren sie doch beim Rangieren in den Rasen eines Nachbargrundstückes gefahren. Der Rasenliebhaber schimpfte auch ganz ordentlich über die niederbayerischen Vandalen! Doch den beiden wurde alles verziehen als wir den von ihnen mit leckeren Getränken gefüllten Kühlschrank sahen. Warum nun nicht selbst eine Brotzeit organisieren? Die Hausherrin stellte uns alles Notwendige zur Verfügung und Mane und Erwin waren schon unterwegs zum Einkaufen. Doch dann ein scheinbares Problem: Es gab keine Semmeln mehr im Supermarkt! Hier war nun Erwins Menschenkunde gefragt und er schaffte es, dass der Bäcker seine Automaten noch einmal anwarf und für uns die Brötchen backte! 

Ein geselliger Abend bei dem die Tageserlebnisse noch einmal besprochen wurden musste mit Akinator abgeschlossen werden. Während uns Peter Hartz und Rainer Calmund lange beschäftigten, wurde Maxis Socrates von Waller sofort erkannt!
Einen großen Lacher konnte Mani verbuchen, als er aus den Gipfelwürmern auch noch die Radlerwürmer machte.
Ein Abschlussbier unter dem südtiroler Sternenhimmel auf der großen Dachterrasse der Pension rundete den gelungenen Tag ab.

Donnerstag, 04.08. 

Schon hieß es wieder Abschied nehmen vom schönen Alta Badia und der freundlichen Pensionschefin. Hans und Waller transportierten das Gepäck an unseren heutigen Zielort – Seis am Schlern. Zum Glück fanden wir den Einstieg in den Radweg zurück nach Corvara, denn auf der gefährlichen Hauptstraße wären wir nur sehr ungern wieder gefahren. Genau wie wir es am Beginn eines Fahrradtages brauchen ging es gemäßigt bergauf. Immer an dem Flüsschen Garder entlang, das dem Gebiet um Alta Badia und Corvara den Namen gab – Gardertal. 

Als wir am Skistadion von Alta Badia vorbei kamen, erkannten wir dieses von den Weltcupslaloms im Winter mit Felix Neureuter. 

Nach ca. einer Stunde waren wir wieder in Corvara. Die Tourismusregion um den Ort verfügt über 16.000! Gästebetten. Corvara liegt auf 1568 m unser nächstes Ziel das Grödner Joch auf 2121 m - also waren ca. 550 hm zu überwinden. Während Helmut und Horst gleich auf der Staatsstraße den Pass in Angriff nahmen, versuchte der Rest der Gruppe über einen geschotterten Radweg das Ziel zu erreichen. Nach einigen vergeblichen Anläufen, die in Sackgassen endeten und  in einem Fußmarsch durch sumpfige Wiesen, waren auch wir für die Straße bereit. In gut zu befahrenden Serpentinen schlängelte sich die Straße nach oben. Da der Bergrücken fast nicht bewaldet war  hatte man ab einer gewissen Höhe einen überragenden Blick zurück ins Tal. Maxi und ich arbeiteten uns unter gegenseitiger Unterstützung die 7%-ige Steigung hinauf. Erwin dokumentierte unsere Fahrt und Edi machte wieder den Schließenden. Am Gipfel wurden wir bei bestem Radwetter mit einer herrlichen Aussicht auf unseren bekannten, den Tofana sowie die Sellagruppe und den Langkofel mit 3181m belohnt. Nach einer ordentlichen Pause ging es auf einer Strecke von 16 km um über 900 hm hinab. Die einmalige Landschaft um die großen Tourismuszentren Wollkenstein, St. Christina und St. Ulrich muss nicht mehr erwähnt werden. Dann wurde es noch einmal heftig, die über 200 hm von St. Ulrich hinauf auf den 1437 m hohen Panidersattel hatten es in sich. Doch auch das schafften wir und konnten von diesem Hochplateau aus einen Blick zurück auf das Grödner Joch werfen.

 

Nun ging es wieder über 300 hm hinab durch eine mittelgebirgsähnliche Landschaft mit flachen Hügeln ins schöne Kastelruth. Maxi konnte dort seine defekte Bremse reparieren lassen und weiter ging es zu unserer heutigen Unterkunft. Seis am Schlern (1004 hm) hat 1.700 Einwohner und liegt spektakulär zu Füßen der steil aufragenden Santnerspitze (1880 m). 

Mit unserer Pension, dem Garni Alpin, hatten wir einen absoluten Volltreffer gelandet. Neben großen und neu eingerichteten Zimmern waren dank Hans und Waller auch gekühlte Getränke organisiert, an diesem heißen Tag war das sehr wichtig. Unsere Gastgeber erfüllten alle unsere geäußerten Wünsche. Als die Zimmer bezogen, der Bus gereinigt und die Kleidung gewechselt war, konnten wir wieder Akinator spielen. Maxi gab uns eine dicke Nuss auf mit dem Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt. Doch fast verzweifelt wären wir an Erwins  zu suchenden Film! Er glaubte jeder von uns kenne ihn und wir hätten ihn alle schon gesehen. Nun ja, viele kannten ihn dann doch nicht, weshalb wir ewige Zeiten suchten bis er uns den Film nannte. Es war: Kohlhiesels Töchter von 1962 mit Lieselotte Pulver. Erwin hatte uns auch auf eine falsche Fährte geführt, denn Beppo Brem spielte nicht mit! Bei einem schmackhaften Abendessen gab es noch viel zu bereden, bevor wir in die Betten fielen

Freitag, 05.08.

Leider hatte die Wettervorhersage für diesen Tag recht, es war stark bewölkt und nach dem Frühstück begann es zu regnen. Es zog immer mehr zu und wir verschoben unseren Ausflug auf den Schlern. Der Schlern ist ein 2563 m hoher Berg, dessen Namen so viel wie Graben oder Kanal bedeutet. Der Schlern trägt eine Hochfläche, die Seiser Alm, die größte Hochweide Europas, diese erstreckt sich von 1680 m bis auf eine Höhe von 2350 m. 

Zunächst spielte eine Fraktion Karten, Edi und Horst sichteten Bilder und Videos. Erwin lag mit Magenproblemen flach. Gegen Mittag hellte es auf, der Regen hörte sogar auf. Wir entschlossen uns, mit der Seilbahn auf die Seiser Alm zu fahren. Für Horst war es die erste Fahrt mit einer Gondel. Er bewältigte sie ebenso problemlos wie der angeschlagene Erwin. Kaum waren wir oben, begann es wieder zu regnen. Es blieb uns nichts Anderes übrig, als die Zeit mit Kartenspielen zu verbringen, was nach den Anstrengungen der letzten Tage eine schöne und unterhaltsame Entspannung war. Horst hatte sich in den letzten Tagen zum „ding“-Spezialisten entwickelt. Immer wenn das Unwort fiel bemerkte er es und machte uns darauf aufmerksam. Nun stellten wir ihm eine kleine Falle. Abwechselnd sagte jeder einmal möglichst glaubhaft das „Ding“ und wenn Horst seinen Strich machte ärgerten wir uns zum Schein. So sind sie halt die Radler. 

 

Gegen 19 Uhr waren wir wieder in der Pension und gingen zum Abendessen. Es schloss sich ein lustiger Abend an und als wir zu Bett gingen hofften wir, dass der Wetterdienst mit seiner Vorhersage Recht behält, denn es war schönstes Wetter für Samstag angesagt. 

Samstag, 06.08.

Und er hatte Recht, strahlender Sonnenschein erwartete uns an diesem letzten Tag unserer Tour 2016. Mit einem kleinen Geschenk verabschiedeten wir uns von unseren zuvorkommenden Gastgeberinnen. Den Transporter bewegten heute Erwin und ich. Wie schon 2014 war unser Ziel der Turmwirt in Auer. Zunächst ging es 700 hm hinab nach Bozen. Nach Völs begann eine spektakuläre, steile Abfahrt durch eine enge Schlucht nach Blumau im Eisacktal. Auch Bozen lag bald hinter uns. Der Bus war in Auer abgestellt und es ging die Eisack hinauf Richtung Bozen, wo wir uns wieder alle trafen. Die riesigen Apfelplantagen um Bozen beeindruckten uns auch diesmal. Das nächste Ziel war Eppan. Trotz des vorangegangenen anstrengenden  Abends wurde den Anstieg hinauf nach Eppan richtig Gas gegeben. Wir waren uns einig, dass wir die Steigung viel anstrengender in Erinnerung hatten. Sollten wir uns auch fahrradtechnisch verbessert haben? Schön wäre es ja. Eine gemütliche Einkehr gab es zur Belohnung. Nach dem Essen wurden einige Radler etwas müde und einige kleine Äuglein fielen zu. Helmut glaubte hinter einer großen dunklen Sonnenbrille diese "Schwächephase" verstecken zu können. Doch durch einen freien Spalt konnte auch diese Szene für die Nachwelt dokumentiert werden.
Nicht alle waren begeistert, dass jetzt noch ein Kulturpflichtprogramm zu absolvieren war. Bei der Buchung der Unterkünfte stellte sich heraus, dass wir auch bei der einzigen Frau ganz Südtirols mit dem Namen Sitzberger angefragt hatten. Frau Jutta Sitzberger-Sinn lud uns deshalb auf einen Kurzbesuch ein. Einige Höhenmeter waren zu überwinden, bis wir beim Rebhof in Oberplanitzing waren. Die sehr freundlichen Eheleute gaben uns eine Führung durch ihre Weinfelder. Uns wurde bewusst wie viel Arbeit die Rebstöcke das ganze Jahr hindurch machten. Auch überrascht waren wir davon, dass die Weinstöcke 14 Mal im Jahr gespritzt werden! Eine leckere Brotzeit mit süffigem Wein aus eigenem Anbau, südtiroler Speck und Kaminwurzen schloss den Besuch ab. Es wurde vereinbart, dass man die Ahnengalerien auf gemeinsame Vorfahren durchleuchten wolle und man in Kontakt bliebe.
 

 

Freundlich verabschiedet war das nächste Ziel das öffentliche Bad am Kalterer See. Die Fahrt durch die herrlichen Weinberge dorthin beeindruckte uns wieder sehr. Der See war etwas frischer als 2014, was bei diesem Sommer nicht verwundern konnte. Trotzdem konnte man gut baden und Maxi zeigte wieder einige tolle Sprünge in die Fluten. Erwin fiel auf, dass auch bei den Radlern ständig Handy oder Smartphone genutzt wurden. Er kündigte an dies bei einer Nachbesprechung zu thematisieren.!
Viel zu schnell verging die Zeit und wir mussten zu unserem letzten Hotel nach Auer.
 

 

Sonntag, 07.08.

Bestens versorgt durch den Turmwirt bereiteten wir alles für die Rückfahrt nach Lalling vor. Jetzt freuten wir uns doch schon wieder auf unsere Angehörigen und zu Hause. Als alles sicher verstaut war ging es auf die Autobahn und Richtung Brenner. Hans übernahm die komplette Rückfahrt! Wie so oft stellte er sich wieder einmal in den Dienst der Gruppe. Wir kamen sehr schnell voran. Doch bei St. Johann bemerkte unser Bereichsleiter Technik, dass der Anhänger ruckelte. Sein Gespür täuschte ihn nicht, denn der linke Reifen des Anhängers war geplatzt. Mit äußerster „Langsamfahrt“ schafften wir es in den Rasthof. Waller koordinierte das Abmontieren des beschädigten Reifens. Nach reiflicher Überlegung machten sich einige Radler auf den Weg in die nahe gelegenen Ortschaften, um eine offene Werkstatt zu finden. Nach fast drei Stunden fand man einen Helfer, der uns den Reifen neu montierte. Nun stand der Rückkehr nichts mehr im Wege und die Tour 2016 konnte ohne nennenswerte Schäden beendet werden. 

Abschließend gilt es allen zu danken, die für den reibungslosen Ablauf gesorgt haben. Fast ein halbes Jahr an Planung hatten sich ausgezahlt. Die einmaligen Erlebnisse 2016, werden im Jahr 2017 nur schwer zu verbessern sein. Aber unser Tourenfinder Mani wird sich sicher wieder etwas „dings äh“ Spektakuläres meine ich natürlich, für uns überlegen. 
Alle Radler sind bereits jetzt gespannt: Wird es eine "easy-Tour"? Dürfen wir unsere Mobiltelefone mitnehmen? Gibt es wieder ein Kulturprogramm? Welchen Namen wird die whats-app-gruppe dann haben? Wird die "dings-Statistik" realisiert?

Insgesamt haben wir 6676 hm und ca. 490 km zurückgelegt!